Verleihung des Westfälischen Preises für Baukultur
Rede von Prof. Michael Braum, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur
(Es gilt das gesprochene Wort.)
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[⨯] schließenVerleihung des Westfälischen Preises für Baukultur
Rede von Prof. Michael Braum, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur
(Es gilt das gesprochene Wort.)
Sehr geehrter Herr Dr. Kirsch, sehr geehrter Herr Prof. Dr. Anderbrügge,
sehr geschätzte Preisträger und Preisträgerinnen,
meine Damen und Herren,
herzlichen Dank dafür, dass ich im Namen der Jury, der neben Dr. Kirsch und Prof. Dr. Klaus Anderbrügge, Dieter Gebhard, Michael Stojan, Darius Djahanschah, Michael Arns, Prof. Christoph Mäckler und Prof. Kunibert Wachten angehörten, heute die Laudationes für den Westfälischen Preis für Baukultur sprechen darf.
Beratend wirkten darüber hinaus in der Jury mit:
Frau Dr. Barbara Rüschoff-Thale
Jürgen Thielking
Karl Dittmar
Silke Rommel,
Markus Schiek und
Melanie Werner
Um die Öffentlichkeit für Baukultur zu sensibilisieren, scheinen mir derartige Preise immanent wichtig zu sein. Sie unterscheiden sich von klassischen Architekturpreisen, da sie in der Prämierung vielschichtiger angelegt sind, indem sie die unterschiedlichen Facetten des Baukulturellen Mobiles bedienen.
Wäre es ein Westfälischer Preis für Baukunst gewesen, hätte es aus den Einreichungen sicher das eine oder andere Projekt mehr in die letzte Runde geschafft.
Es haben sich zahlreiche herausragende Einzelgebäude in den Einreichungen gefunden, bei denen die Balance zwischen großen und kleinem Maßstab, zwischen Teilhabe am Bild unserer Städte als öffentliche Räume und dem architektonischen Detail dennoch nicht so austariert waren, wie bei den zwei Auszeichnungen und dem Preisträger des Westfälischen Preis für Baukultur 2010.
Ausgezeichnet sollten werden:
Realisierte Projekte, die in herausragender Weise für einen sensiblen Umgang mit dem baukulturellen Kontext stehen. Denkmäler waren dabei ausdrücklich ausgeschlossen.
Die Sinnhaftigkeit dieses Ausschlusses wurde in der Jury ausführlich diskutiert. Wenngleich wir ausdrücklich begrüßten, mit dem Preis nicht das baukulturelle Erbe zu prämieren, regten sich stimmen, die sich dafür einsetzten in der nächsten Auslobung den Denkmalschutzaspekt unter den Vorzeichen des "das Denkmal weiterdenken" mit in die zu bewertenden Arbeiten zu nehmen.
Mit dem Westfälischen Preis für Baukultur wird ein eindeutiges Zeichen gesetzt werden, für eine zeitgenössische Architektur von Häusern und ihren Freiräumen, die einen anspruchsvollen Beitrag zur Baukultur darstellen, indem sie in ihrer Qualität bestehen können gegenüber dem überlieferten baulichen Erbe.
Der Preis ist ein Westfälischer Preis für Baukultur und kein Preis für westfälische Baukultur. Dies zu wissen ist wichtig, da damit ein Zeichen im Sinne der Auseinandersetzung mit dem regionalen Kontext und nicht der unreflektierten möglicherweise ahistorischen Fortschreibung des Kontextes gesetzt wird.
Beide Aspekte erscheinen mir immanent wichtig für die anstehende Auslobung des nächsten Preises zu sein. Denken Sie daran: erst wenn es mehr als drei Auslobungen sind, können wir darüber urteilen, ob der Westfälische Preis für Baukultur tatsächlich ein Erfolgsmodell ist, was sich zumindest nach dem ersten "Durchlauf" erwarten lässt.
Verliehen wurden zwei Auszeichnungen und ein Preis.
Die erste Auszeichnung erhält ein Wohn- und Geschäftshaus der Stadt Münster, entworfen von den Architekten Deilmann und Kresing, realisiert von der 49215 Projektentwicklung GmbH.
In der Innenstadt von Münster haben die Verfasser ein Geschäfts- und Wohnhausareal entwickelt, das sich mit der kleinteiligen Baugestalt der Stadt und ihren Strassen im Zentrum auseinandersetzt.
Damit greifen die Verfasser ein städtebauliches Problem auf, mit dem unsere Städte durch die Kleinteiligkeit ihrer Parzellengrößen und die darauf geplanten großvolumigen Baumaßnahmen zu kämpfen haben.
Einkaufszentren, Kaufhäuser oder Parkhäuser lassen sich städtebaulich nur schwer integrieren, ohne die Vielfältigkeit der bestehenden Bebauung zu stören. Und genau hierzu liefert diese Arbeit eine Lösung, die von der Jury als besonders gelungen angesehen wird.
Die über zwei Blöcke reichenden Geschäfts- und Bürohäuser werden von einem Fassadensystem umfasst, das die Kleinteiligkeit Münsters in Material und Gestalt aufgreift.
Ergänzt wird dieses Fassadensystem durch "Wohnhäuser" auf dem Dach, die mit ihren Giebeln die Büro- und Kaufhausfassaden krönen. Entstanden ist damit eine kleinstädtische Architektur, die nicht als Büro- oder Kaufhausarchitektur in Erscheinung tritt.
Mit dem in Münster typischen Fassadenmaterial des Ziegels werden die Häuser zusätzlich an ihren Entstehungsort gebunden.
Kritisch gesehen wird der gläserne Pavillon, der weder in seiner Gestalt noch mit seinem Material zum Gesamtensemble passen will.
Durch das Wohnen entsteht in Kombination zum Kaufhaus und der Büroetage eine Nutzungsmischung, die im städtischen Raum von großer Wichtigkeit für die Lebendigkeit des Ortes ist.
Diese Nutzungsmischung, aber auch die Idee der städtebaulichen Einfügung der Bauwerke durch das Material und die Gestalt ihrer Fassaden erscheinen der Jury als ein Beispiel von besonderer Qualität. Für den Erhalt der Schönheit und Lebendigkeit unserer Städte aber sind diese Qualitäten von herausragender Bedeutung.
Dieser beispielgebende Ansatz verdient eine Anerkennung im Rahmen des Westfälischen Preises für Baukultur 2010.
Ein weitere Auszeichnung geht mit der Bebauung des Houthschen Gartens nach Burgsteinfurt.
Federführender Einreicher: db Planungsgruppe Architekten und Stadtplaner. Entworfen wurde das Ensemble von den Architekten Dirk Baldauf und Dieter Brandt, realisiert wurde es von der Terre Immobilien GmbH & Co. KG.
An einem einzigartigen, stadt- wie naturräumlichen äußerst sensiblen Ort, an der Nahtstelle zwischen dem historischen Stadtkern von Burgsteinfurt und dem historischen Stadtteil "Friedhof", in Tuchfühlung zum Steinfurter Schloss, wurde ein kleines Wohngebiet realisiert, das bemerkenswertes städtebauliches und architektonisches "Feingefühl" zeigt.
Der ehemalige Houthsche Garten wird in einem Zusammenspiel aus Wohngebäuden an der Straße und im "Hof" so bebaut, dass der Charakter des offenen Gartens und sein dominanter Baumbestand erhalten bleiben.
Dafür wird in dem neuen Wohngebiet auf eine übliche Gartenzonierung verzichtet und stattdessen ein die Häuser umfließender Freiraum geschaffen, dem es dennoch nicht an privater Atmosphäre und Diskretionsschutz mangelt.
Durch den großzügig gehaltenen Freiraum sind auch die imposanten Blickmöglichkeiten auf das Steinfurter Schloss gegeben.
Wenngleich verschenkte Potentiale einer hochwertigen Landschaftsarchitektur mit der Architektur leider nicht mithalten können.
Mit geradezu einfachen architektonischen Mitteln - Orientierung am Maßstab, an der Gliederung, an den Fassaden und der Materialität der historischen Bebauung - werden zeitgemäße, klar gegliederte Gebäude gestaltet, die mit einer großen Selbstverständlichkeit diesen sensiblen Stadtraum besetzen und das Stadtbild bereichern.
Aus diesem Grund verdient das Beispiel setzende Projekt eine Anerkennung im Rahmen des Westfälischen Preises für Baukultur.
Und nun der diesjährige Westfälische Preis für Baukultur. Unser Glückwunsch gilt dem Bischöflichen Generalvikariat Münster gemeinsam mit dem Architekten Peter Bastian und allen am Bau des Hauses beteiligten Gewerken.
Der eingeschossige Neubau des Pfarrzentrums fasst den Chor von St. Joseph. So entstehen atmosphärisch ansprechende Bezüge zwischen Innen und Außen, die in ihrem überzeugenden Zusammenspiel einen besonderen Ort in einem Raum schaffen, in dem räumliche Bezüge nicht existierten.
Das neu entstandene Ensemble überzeugte die Jury nicht nur aufgrund der oben beschriebenen "Neudeutung" des Raumes und der hieraus resultierenden Identitätsbildung an diesem lange vernachlässigten Ort, sondern darüber hinaus durch die zurückhaltende und gleichsam ausdrucksstarke architektonische Gestaltung in seiner Gesamtheit wie im Detail.
Baukultur bedingt nun einmal das wohlüberlegte Austarieren unterschiedlicher Prämissen. Das prämierte Projekt steht eindrucksvoll dafür, indem es hohe gestalterische Qualitäten in Einklang mit Nutzerbedürfnissen bringt und sich dabei in den Kontext einfügt, um im Ergebnis eine städtebauliche Situation nachdrücklich aufzuwerten.
Es entsteht ein Ort des sozialen und kulturellen Miteinanders mit einem hohen Identifikationspotenzial für unterschiedliche gesellschaftliche Milieus.
Dank dieses beispielhaften Zusammenwirkens zwischen gesellschaftlichen Bedürfnissen und deren überzeugenden städtebaulichen und architektonischen Umsetzung, steht das neu geschaffenen Ensemble - wie kaum ein anderes der eingereichten Arbeiten - exemplarisch für Baukultur.
Vielen Dank dafür, dass der Landschaftsverband Westfalen-Lippe gemeinsam mit der Stiftung und dem Verein Westfalen-Initiative diesen Preis auslobt. Möge dies ein Beispiel für unser ganzes Land sein.
.... und Glückwunsch für die Ausgezeichneten.
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